Seit ihrer Verabschiedung im Jahre 1996 bildet die Leitlinie zur Guten Klinischen Praxis ICH E6 (R1) - bekannt als "ICH-GCP" - die international harmonisierte Grundlage für die Planung, Durchführung und Berichterstattung klinischer Prüfungen mit Arzneimitteln. Nach fast 20 Jahren ist nun zum ersten mal eine echte inhaltliche Ergänzung dieses fundamentalen Regelwerks erfolgt.
Das ICH Steering Committee hatte im Juni 2014 beschlossen, die Leitlinie zu modernisieren, um dem technischen Fortschritt in der klinischen Forschung und der zunehmenden Komplexität klinischer Prüfungen gerecht zu werden. Es wurde der Ansatz eines integrierten Addendums gewählt, bei dem der bisherige Text nicht abgeändert sondern lediglich durch neue Textpassagen präzisiert und ergänzt wurde.
Der Entwurf dieses integrierten Addendums konnte bis Anfang Februar 2016 von interessierten Personen und Organisationen kommentiert werden.
Inzwischen wurde die finale Version der ergänzten Leitlinie ICH E6 (R2) mit Datum vom 9. November 2016 veröffentlicht und den Behörden der ICH-Regionen vorgelegt (Step 4). Für die Europäische Union hat die EMA diesen finalen Text bereits angenommen und unter dem Kürzel EMA/CHMP/ICH/135/1995 veröffentlicht (Step 5). Als Tag des Inkrafttretens hat sie den 14. Juni 2017 festgelegt.
ICH E6 (R2) enthält relativ wenig Neues für den Prüfer und die Prüfstelle. Die Rolle des Prüfers als verantwortlicher Leiter seiner Prüfgruppe wird stärker als bisher betont (Stichwort: "investigator oversight"). Er hat sein Team zu beaufsichtigen und sicherzustellen, dass alle ausreichend qualifiziert sind. Stärker als bisher wird nun die im Alltag klinischer Prüfungen in der Regel schon geforderte Qualität der Originaldaten betont, was die Arbeit der klinischen Monitore etwas erleichtern dürfte.
Speziell im Hinblick auf eCRFs wird die Forderung erhoben, dass der Prüfer jederzeit Zugang zu und Kontrolle über die von ihm an den Sponsor berichteten Daten haben soll. Insbesondere rein web-basierte eCRFs erfüllen diese Forderung bislang nur bedingt.
Die überwiegende Anzahl der Ergänzungen betrifft die Aufgaben des Sponsors. Dezidiert wird ein Qualitätsmanagement-System gefordert, das die Methoden des Risikomanagements anwendet und auch darauf achten soll, dass Prüfpläne und Prozeduren präzise und nicht unnötig komplex sind.
An die SOPs für den Umgang mit elektronischen Daten werden neue Anforderungen gestellt. So sollen sie unter anderem sicherstellen, dass die betreffenden Systeme validiert sind. Zudem wird der Begriff der zertifizierten Kopie eingeführt, die ein Originaldokument ggf. ersetzen kann.
Die von EMA und FDA schon angeregten Verfahren eines risiko-basierten bzw. zentralisierten Monitorings wurden aufgegriffen und der bereits übliche Monitoring-Plan wird nun auch in ICH-GCP erstmals verbindlich gefordert.
Sponsoren sollen auch bei Auslagerung von Aufgaben an CROs jederzeit ihrer Gesamtverantwortung gerecht werden (Stichwort: "sponsor oversight"). Dies betrifft auch Aufgaben, die CROs wiederum an Subunternehmer weitergeben.
Im Falle signifikanter Non-Compliance werden eine Ursachenforschung (root cause analysis) sowie korrektive und präventive Maßnahmen (CAPA) verlangt.
Hinweis in eigener Sache:
In unseren Schulungen gehen wir natürlich auch auf die neuen Anforderungen des integrierten ICH-GCP-Addendums ein. Teilnehmer unserer GCP-Trainings können die Implementierung von ICH E6 (R2) also gut informiert in Angriff nehmen.